Der technisch-physikalische Vorgang des Stanzens lässt sich mit der Darstellung des Stanzdruckes in den einzelnen Phasen erklären:
Abb. 5.3.2: einzelne Phasen des Stanzdrucks (Quelle: Eigene Darstellung)
Das Diagramm kann den Vorgang nur qualitativ darstellen, da viele Parameter den Stanzprozess beeinflussen, hauptsächlich die Materialeigenschaften und die Geometrie der Schneidlinie. Als Richtwert für das Stanzen von zum Beispiel Chromokarton, ca. 250 – 350 gr., mit einer neuwertigen und damit scharfen Schneidlinie, gilt ein Stanzdruck von rund 35 kg/cm.
Die ideale Maschinenzustellung und Belastungen an Schneidlinien durch Überlast
Beim Flachbett-Stanzen ist es notwendig, dass die Schneidlinie auf der Gegenstanzplatte aufsitzt. Nur so lassen sich saubere Schnittkanten am Stanzgut erzielen.
Den Stanzvorgang versucht man am Anfang von Bereich 4 durchzuführen. Hier sitzt die Schneidlinie gerade an der Gegenstanzplatte auf. Jede weitere Zustellung am Stanztiegel führt zu einer deutlichen Erhöhung des Druckes auf die Schneidlinie; dies kann insbesondere bei der Schneidenspitze zu einer Überlastung führen. Die Überlastung bewirkt an der Spitze eine Beschädigung als plastische Verformung (Abstumpfung) oder einen teilweisen Materialabbruch.
Beide Effekte führen zu einem schlechten bis unbrauchbaren Stanzergebnis. Es bilden sich sogenannte Stanzhaare – aus der Schnittfläche herausragende Fasern.
Abb. 5.3.3: schematische Darstellung einer Überlast und einer dadurch hervorgerufenen abgestumpften und abgebrochenen Spitze (Quelle: Eigene Darstellung)
Zurichtung
Nun handelt es sich bei einer Flachbett-Stanzform um ein flächiges Werkzeug und alle Schneidlinien treffen theoretisch zum gleichen Zeitpunkt auf die Gegenstanzplatte.
Doch auch Schneidlinien weisen – wie alle technisch herzustellenden Produkte – Toleranzen auf. Hinzu kommen noch Unebenheiten und thermische Maßänderungen im Stanztiegel. Auf diese Weise gibt es im praktischen Vorgang des Stanzens immer Zonen, in denen einige Schneidlinien bereits das Stanzgut durchgestanzt haben und auf die Gegenstanzplatte treffen, während in anderen Bereichen noch keine komplette Stanzung erreicht worden ist. Um Toleranzen von Schneidlinien sowie Unebenheiten und Verformungen des Stanztiegels auszugleichen, werden Schneidlinien mit Zurichtepapier oder -band unterlegt.
Eine weitere Maschinenzustellung führt aber zu einer Überlastung von:
Um den Prozess abzustimmen, führt man daher die „Zurichtung“ aus. Dabei unterlegt man diejenigen Schneidlinien, an denen noch keine Stanzung stattgefunden hat.
Mit dieser zusätzlichen Erhöhung gleicht man die Höhenunterschiede in den Schneidlinien und im Stanztiegel aus.
Abb. 5.3.4: Darstellung eines Stanzprozesses bei unebenem Stanztiegel: Die linke Schneidlinie stanzt komplett durch, die rechte dagegen nicht. (Quelle: Eigene Darstellung)
Um die Unebenheiten im Tiegel auszugleichen, ist es notwendig, die rechte Schneidlinie zu unterlegen.
Abb. 5.3.5: Darstellung eines Stanzprozesses mit Zurichtung: Beide Schneidlinien stanzen komplett durch. Rechts oben gelb markiert: das Zurichteband. (Quelle: Eigene Darstellung)
Im Allgemeinen geht man beim Zurichten in zwei 2 Schritten vor:
1. für flächenförmige Unebenheiten mit Zurichtepapier
2. Unterlegen von einzelnen Linien mit streifenförmigem Zurichteband (in verschiedenen Dicken erhältlich)
In der industriellen Produktion ist man aus wirtschaftlichen Gründen bestrebt, diesen Zurichteprozess und damit den Maschinenstillstand möglichst kurz zu halten.
Sobald ein Großteil des Formates ein zufriedenstellendes Stanzbild erreicht, wird man auch versuchen, ein vollständiges Stanzen rein über die Maschinenzustellung und damit über eine Erhöhung des Stanzdruckes zu erreichen. Jede weitere Zustellung führt zu einem Kompressionsdruck auf Schneidlinie und Gegenstanzblech. Zurichten der Schneidlinie durch Unterlegen kostet Zeit und damit Geld. Deshalb wird oft einfach nur der Stanzdruck der Maschine erhöht, sobald ein überwiegend zufriedenstellendes Stanzbild erreicht ist.
➞ In der Praxis müssen Schneidlinien und Gegenstanzplatte hohen Belastungen standhalten!