Je nach Branche gibt es mehr oder weniger Hersteller von CAD-Software. Maschinenbau oder Architektur arbeiten schon länger mit CAD. Hier sind die meisten Software-Anbieter zu finden. In der Verpackungsbranche ist die Anzahl der einsetzbaren CAD-Programme hingegen überschaubar. Natürlich kann man Verpackungen auch mit gängigen Zeichenprogrammen, wie zum Beispiel Illustrator, konstruieren. Doch die Grenzen dieses Standardprogramms werden bei Sonderkonstruktionen schnell sichtbar. Ein weiteres Hemmnis: Illustrator oder vergleichbare Software „wissen“ nichts über vorhandene Standards oder Moduldatenbanken. Das hätte sehr lange Bearbeitungszeiten zur Folge. Hier eine Übersicht der gängigen CAD-Programme für die Verpackungsbranche:
- ArtiosCAD von ESKO | www.esko.com/de |
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- AutoCAD von AUTODESK | www.autodesk.de |
- packedia von DVS | www.dvserp.de |
- VPACK von ERPA | www.erpa.de |
Die Reihenfolge ist alphabetisch ohne Wertung sortiert. Das Anforderungsprofil der Nutzer ist so vielfältig und unterschiedlich, dass es kein „bestes“ CAD-Programm für jeden Anwender gibt. Anders als im Maschinenbau oder der Architektur gibt es in der Verpackungsindustrie nur vergleichsweise wenige CAD-Programme. Die Halbwertzeit von CAD-Programmen ist sehr kurz, und es kommen laufend neue Entwicklungen oder Module hinzu. Darum ist eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Programme nicht sinnvoll. Interessenten erfahren im Detail mehr unter den beigefügten Internet-Adressen.
Ein CAD-Programm muss vom Handling und seinen modularen Bestandteilen zum jeweiligen Betrieb passen. Überflüssige Module verschwenden unter Umständen Geld und Speicherplatz. Die Auswahl des „richtigen“ CAD-Programms hängt weitgehend davon ab, wofür es benötigt wird. Das lässt am besten ermitteln über ein „Pflichtenheft“ beziehungsweise ein „Anforderungsprofil“, in dem gelistet wird, was das Programm können sollte. Augenmerk sollte auf das Handling, die Logik von Befehlen, den modularen Aufbau und brauchbare Standards gelegt werden. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass ein umfassendes Programm standardmäßig sehr viele Module enthalten kann, die ungenutzt nur Speicherplatz belegen und zum anderen auch kostenintensiv sein können. Bei komplexen Programmen darf auch der Schulungsbedarf nicht unterschätzt werden.
Wenn sich ein größerer Betrieb mit 200 Mitarbeitern ein High End-Programm zulegt, kann das unter Umständen sinnvoll sein. Wird dieses System mit der betriebsinternen SAP-Plattform verbunden, um der Verwaltung oder dem Einkauf Zugriff auf die Konstruktionsdaten zu ermöglichen, so rechnen sich die Mehrausgaben dank der Rationalisierungsvorteile sehr schnell. Werden die Möglichkeiten einer 3D-Animation für die Unternehmens-Homepage genutzt oder wird daraus automatisch Werbematerial für den Vertrieb erstellt, so ist auch hier eine die Investition in eine aufwändigere CAD-Software sinnvoll. Für Kleinunternehmen, die nur ab und zu eine Konstruktion erstellen oder ein Muster ausplotten, rechnet sich das eher nicht. Im nächsten Schritt geht es darum, wie Betriebe anhand eines Pflichtenheftes ihr Anforderungsprofil an eine Software erstellen und danach die Entscheidung für die Beschaffung fällen. Ein Pflichtenheft ist eine Auflistung von Leistungsmerkmalen: Welche Ausstattung sollte die Software haben? Wie einfach sollte sie zu bedienen sein? Und wie steht all das im Verhältnis zum Preis? Hier ein beispielhaftes Anforderungsprofil in einem Pflichtenheft: Alle Punkte sollten zugleich mit „sehr wichtig“, „wichtig“ und „optional“ gewichtet werden. Tipp für das Anforderungsprofil: Alle Punkte auflisten, die das System können muss oder sollte. Im Anschluss dann nach Wichtigkeit bewerten. Es erleichtert die Auswahl, mehrere Systeme nach einem solchen Kriterienkatalog zu vergleichen.
Um einen Überblick zu erhalten, werden die Punkte aus dem Pflichtenheft mit den Leistungen verschiedener CAD-Programme in einer Tabelle gelistet, bewertet und verglichen. Die nachfolgende Abbildung zeigt einen möglichen Aufbau dieser Auswertungstabelle. Grundlage der Bewertung ist ein mittelständischer Betrieb mit 80 Mitarbeitern, der vorwiegend Displays aus Welle für den Süßwarenmarkt fertigt. In der Tabelle des Anforderungsprofils sind den einzelnen Anforderungen Wertigkeiten zugewiesen – von „sehr wichtig“ über „wichtig“ bis „optional“. Je wichtiger eine Anforderung ist, umso höher ist die damit verbundene Punktzahl.
Benötigt ein Unternehmen zum Beispiel Standards aus dem ECMA-Katalog weniger oder gar nicht, so erhält diese Anforderung nur ein „wichtig“ oder „optional“. Hat ein Anbieter einen umfassenden und optimalen ECMA-Standardkatalog in seiner Software integriert und rangiert dieser Punkt im Pfichtenheft nur unter „wichtig“ oder „optional“, so erhält er nur Punktzahlen von 10 bis 29. Die schwächste Bewertungsstufe „optional“ wird für Eigenschaften ausgewählt, die für die Arbeit nicht zwingend erforderlich sind, aber weitere Möglichkeiten erschließen können.
Abb. 8.5: Pflichtenheft mit Bewertung der einzelnen Anforderungen (Quelle: Eigene Darstellung)
Abbildung 8.6 zeigt, wie sich die verschiedenen Systeme aus Sicht der Interessenten und ihrer Anforderungen „schlagen“. Die Punktzahlen werden am Ende des Bewertungsprozesses zu einer Gesamtbenotung addiert.
Ein in drei Bedarfsklassen gegliedertes Punktesystem ermöglicht in der Gesamtschau eine fundierte Entscheidung, welches CAD-System am besten geeignet für das jeweilige Unternehmen ist. Wichtig: Vor der Benotung muss Klarheit darüber geschaffen werden, welche Aufgaben das CAD-System erfüllen muss. Nur dann ist die Analyse auch treffsicher.
Abb. 8.6: Pflichtenheft CAD-Auswertungstabelle (Quelle: Eigene Darstellung)
Zur Erklärung der Punktvergabe sehen wir uns in der Abbildung 8.7 die erste Zeile der Tabelle „AUTODESK“ etwas näher an. Die „Standards FEFCO“ waren zuvor im Pflichtenheft als eine sehr wichtige Anforderung festgelegt worden. Die Anforderung „sehr wichtig“ ist mit einer Spanne von 30 bis 39 Punkten bewertet. Wenn AUTO-DESK bei dieser Anforderung nur 30 von möglichen 39 Punkten erhält, so kann das bedeuten, dass keine Standards aus dem FEFCO-Katalog in der Software integriert sind. Es kann aber auch heißen, dass die Standards nicht der DIN entsprechen und somit nur eingeschränkt einsetzbar sind. Die angegebenen Bewertungen und der Notenschlüssel im vorangegangenen Beispiel sind rein fiktiv und sollen nur der Erklärung dienen. In der Praxis ist ein Pflichtenheft natürlich viel umfangreicher. Die Art und Weise der Wertung und der Notenschlüssel wird auch je nach Unternehmen und Anforderung unterschiedlich sein.
Aufgabe
Erstellen Sie ein Pflichtenheft für die Auswahl eines CAD-Programms. Verwenden Sie dazu die Beschreibung der Leistungsmerkmale der Anbieter (siehe Link-Liste von Anbietern zu Beginn von Kapitel 8.1.2 Marktübersicht: Hersteller von Branchensoftware). Ihr Entscheidungsfall: Ihr Unternehmen hat 40 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von 3 Mio. €. Es werden hauptsächlich Displays aus Wellpappe produziert. Das CAD-Programm ist eine Insellösung, es gibt im Betrieb keine Plattform zur Steuerung von Geschäfts- oder Produktionsprozessen (ERP). Das CAD-Programm soll über Standards aus dem FEFCO-Katalog verfügen und in der Lage sein, einen einfachen Schneideplotter anzusteuern, um gelegentlich Muster zu schneiden. Der Außendienst soll mit Präsentationsmaterial in Form von 3D-Zeichnungen unterstützt werden. Der CAD-Arbeitsplatz wird bei Bedarf nur von zwei Packmitteltechnologen aus der Produktion benutzt.