Es gibt eine Vielzahl von Papierverarbeitungsprodukten wie zum Beispiel flexible Verpackungen, Verpackungen für Flüssigkeiten und vieles mehr, die mit einer flüssigkeits- oder gasdichten Beschichtung versehen werden müssen. Wie Abbildung 9.3.11 zu entnehmen ist, müssen die Packstoffe nicht nur dicht sein. Sie müssen noch eine Reihe weiterer Anforderungen erfüllen: Dazu zählen Siegelfähigkeit, Bedruckbar-keit, Rillbarkeit und mechanische Stabilität.
Abb. 9.3.11: Anforderungen an Packstoffe zur Verpackung flüssiger oder gasförmiger Packgüter – Erläuterungen im Text (Quelle: Eigene Darstellung)
Wie müssen die Kombinationspartner beschaffen sein, damit sie geeignet sind, Papieren Barriereeigenschaften gegenüber Gasen und Flüssigkeiten sowie alle anderen Merkmale des Anforderungsprofils zu verleihen? Um Papier gasdicht zu machen, muss es mit einer porenfreien Be-schichtung versehen werden. Denn es ist nicht möglich, ein porenfreies Papier herzustellen.
Die Porenfreiheit alleine genügt für die Gasdichtigkeit aber nicht. Gase wie CO2 (Kohlensäure in Getränken) besitzen einen kleinen Dipol, sie sind nur wenig polar. Durch diese Eigenschaft sind sie ölfreundlich. In der Chemie werden Moleküle, bei denen die Schwerpunkte der negativen und der positiven Ladungsträger nicht zusammenfallen, als Dipole bezeichnet (Dipol-Moleküle). Wasser hat einen starken Dipol und ist stark polar: Deshalb verträgt es sich nicht mit Öl.
Würde man das Papier mit PE oder Wachs beschichten, wäre das zwar eine porenfreie Beschichtung – weil PE aber ölfreundlich ist, würde das CO2 fast ungehindert durch die PE-Beschichtung diffundieren. (PE = Polyethylen – ein durch Kettenpolymerisation von Ethen hergestellter thermoplastischer Kunststoff. Polyethylen gehört zur Gruppe der Polyolefine.) CO2-haltige Getränke können deshalb nicht in Getränkeverpackungen aus PE-beschichtetem Karton abgepackt werden. Dafür müssen spezielle PET-Flaschen verwendet werden, weil PET-Moleküle viel polarer als PE und deshalb für die Kohlensäure dicht sind. (PET = Polyethylenterephthalat – ist ein durch Polykondensation hergestellter thermoplastischer Kunststoff aus der Familie der Polyester.)
Auch Flüssigkeiten können Papier nicht durchdringen, wenn es porenfrei beschichtet ist. Wasser, Milch und Säfte sind stark polar, sie können deshalb wenig polare, ölfreundliche und im Wasser nicht lösliche Kunststoffe wie PE und PP nicht durchdringen. Verpackungen für flüssige Nahrungsmittel bestehen deshalb aus PE-beschichtetem Papier („Tetrapack-Verpackungen“). Ein weitgehend gas- und flüssigkeitsdichtes Papier kann also dadurch hergestellt werden, dass es mit einer porenfreien Beschichtung versehen wird. Das Verfahren, mit dem das geschieht, ist die Extrusionsbeschichtung.
Geeignete Werkstoffe dafür sind thermoplastische Kunststoffe – meistens Polyethylen (PE), die im Interesse der angestrebten Porenfreiheit in verhältnismäßig dicker Schicht (um 20 μm entsprechend etwa 20 g/m²) aufgetragen werden müssen. Der Grund dafür ist, dass auch polymere Schichten nicht ideal porenfrei sind. Vielmehr lassen die molekulare Struktur der Kunststoffe winzige Poren und Kapillaren zu, die allerdings für den Flüssigkeitstransport kaum, wohl aber für den Gas- und Dampftransport ausreichen. Die Dichtigkeit einer Schicht hängt neben der Stärke des Dipols ihrer Moleküle auch stark von der molekularen Struktur des Kunststoffs ab. Stets nimmt die Dichtigkeit zu, wenn die Schichtdicke wächst.
Namensgeber der Extrusionsbeschichtung ist ein spezielles Kunst-stoffverarbeitungsgerät, der Extruder. Abbildung 9.3.12 zeigt das Schema eines Extruders. Extrusion kommt aus dem Lateinischen (extrudere = hinausstoßen, -treiben). Dabei werden feste bis dickflüssige härtbare Massen unter Druck kontinuierlich aus einer formgebenden Öffnung herausgepresst.
Abb. 9.3.12: Schema eines Extruders. Erläuterungen im Text. (Quelle: www.galean.de)
Er besteht im Wesentlichen aus einem Hohlzylinder, in dem eine axial angeordnete und motorisch angetriebene Schnecke rotiert. Der zu verarbeitende Kunststoff muss als schüttfähiges Granulat vorgelegt werden. Die Schnecke zieht das Granulat ein, verdichtet und entgast es, bis es zwischen Schnecke und Zylinderwand mit Unterstützung von Heizzonen zum Schmelzen des Kunststoffs kommt. Die Schmelze wird dann unter Druck durch ein geeignet geformtes Werkzeug ausgepresst. Im Falle der Extrusionsbeschichtung bahnförmiger Materialien ist das Werkzeug ein über die gesamte Breite der zu beschichtenden Bahn reichende Breitschlitzdüse, aus der die Schmelze in Form eines gleichmäßig dicken Schmelzenstroms austritt. Im Kontakt mit der Bahn erstarrt die Schmelze unterstützt von einer Kühlwalze rasch und erzeugt einen gleichmäßigen flächigen Film. Das Beschichtungsverfahren ist schematisch in Abbildung 9.3.13 dargestellt.
Abb. 9.3.13: Schema des Extrusions-Beschichtungsverfahrens. (Quelle: Eigene Darstellung)
(1) Beschichtungsrohpapier,
(2) Bahnvorbehandlung,
(3) Breitschlitzdüse (Seitenansicht) am Kopf eines Extruders, der nicht eingezeichnet ist,
(4) Schmelze,
(5) Fertigprodukt.
Sehr ähnlich wie Extrusionsbeschichtungsanlagen arbeiten Anlagen zur Beschichtung mit Wachs oder Paraffin. Der Begriff „Wachs“ ist in chemischer Hinsicht sehr vage; er umschreibt eine Vielzahl verschie-dener Stoffe, die Ähnlichkeit mit der Beschaffenheit von Bienenwachs haben. Es sind in der Regel bei Raumtemperatur Feststoffe, die aber schon bei mäßiger Erwärmung schmelzen. Die Schmelzenviskosität sinkt dann mit steigender Temperatur. Aufgrund dessen werden für ihre Verarbeitung keine Extruder benötigt, sondern es genügt ein beheizbarer Behälter mit einer geeignet geformten Auslaufdüse, aus dem das flüssige Wachs in Form eines gleichmäßigen Vorhangs herausläuft (daher auch die Bezeichnung „curtain coating“).
Im Kontakt mit dem Beschichtungsrohpapier kühlt die Schmelze rasch ab und bildet einen flächigen Wachsfilm. Flüssiges Wachs kann auch mit dafür geeigneten beheizbaren Walzenauftragsgeräten verarbeitet werden. Angewendet wird das Verfahren zur Herstellung von Einschlagpapieren für Lebensmittel oder auch zur Beschichtung von Wellpappebogen, aus denen Steigen für die Verpackung von Fleisch und Fisch sowie von frischem Obst und Gemüse produziert werden. Wenn statt Wachs Bitumen als Beschichtungsmaterial verwendet wird, lassen sich klimadichte schwere Verpackungspapiere herstellen, die für den Einschlag von Papierrollen oder Maschinenteilen geeignet sind. Wegen ihres problematischen Verhaltens im Altpapierrecycling sind sie heute weitgehend durch PE-extrusionsbeschichtete Papiere ersetzt worden.